weltwärts – ein Rückblick

Sehr geehrte Leser,

ich habe lange nicht mehr auf diesem Blog geschrieben, wuerde jedoch gerne ein paar Sachen mit euch teilen, die meinen Freiwilligendienst vor 3 Jahren gut zusammenfassen. Viel Spass und alles Gute fuer die Zukunft!

Am Beispiel des vom BMZ ausgerufenen Freiwilligendienstes „weltwärts“ möchte ich auf diesem Beitrag darüber informieren, wie ein Freiwilligendienst im Ausland funktioniert, wie er vor Ort aussehen kann und wer sich dafür interessieren könnte.

Ganz grob gesagt funktioniert das so: weltwärts ist quasi ein Stipendium. Die anfallenden Kosten werden cirka zu 75 % vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) getragen, der Rest wird mit der Entsendeorganisation besprochen. Oft stellen Freiwillige Spenderkreise auf, um den übrigen Teil zu decken, sie sind dazu jedoch nicht verpflichtet. Falls ein vogeschlagener Spendenkreis nicht zustande kommt, findet der Freiwilligendienst trotzdem statt, mangelnde Spenden seitens der Teilnehmer füheren dazu, dass die Entsendeorganisation im nächsten Jahr weniger Freiwillige betreuen und nur noch weniger Plätze anbieten kann.

Ziel dieses entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes ist es, Globales Lernen zu fördern, Freiwillige zu sensibilisieren, einen Kulturaustausch zu ermöglichen und Interesse an entwicklungspolitischen Fragestellungen zu wecken. Es sollte betont werden, dass die Arbeit, also der „Dienst“ in der jeweiligen Einsatzstelle meist nicht den bedeutendsten Teil des Jahres darstellt. Dazu sind frischgebackene Abiturienten oft noch zu unerfahren, gerade was die Sprache vor Ort angeht. Oft bieten die Einsatzstellen auch gar nicht so viel Arbeit wie vielleicht erhofft.

Wer sich jetzt überlegt, im August 2020 ein solches Freiwilligenprogramm zu absolvieren, ist schon relativ spät dran. Als Dienst mit Stipendiencharakter ist die Bewerbung für weltwärts oft mit recht aufwändigen Bewerbeverfahren verbunden. Nichtsdestotrotz lohnt es sich definitiv, auf weltwaerts.de nach Einsatzplätzen zu suchen. Die eigentliche Bewerbung erfolgt meistens nicht auf einen konkreten Platz, sondern zunächst bei einer Entsendeorganisation. Auf der weltwärts-Homepage lässt sich auch dazu eine Übersicht finden.

Von August 2016 bis Juli 2017 arbeitete ich in einem Umweltprojekt. Da meinem eigentlichen Projekt bei „Mundo Verde“ (dt.: Grüne Welt) die Fördermittel fehlen, arbeitete ich für das panamaischen Umweltministerium in einer Plantage am Rande des Dschungels. Dort pflanzten, pflegten und verteilten wir Setzlinge für die Aufforstung in der Provinz „Los Santos“.

Meine Entsendeorganisation heißt American Field Service oder AFS und wurde 1914 gegründet. Seit 1990 agiert AFS Deutschland unabhängig von der US-amerikanischen Dachorganisation in gesamt Deutschland. Die Größe der Entsendeorganisation kann ein Vorteil sein, da man Teil eines Netzwerks wird, das es einem erleichtert, sich in dem Gastland, in dem man sich neu orientieren muss und sich ein neues Leben aufbaut, zu integrieren und Freunde zu finden. Im Gegensatz zu meinem Leben in Deutschland, wohne ich sehr entlegen und bin wegen schwierigen öffentliche Nahverkehrsbedingungen gezwungen, schon sehr früh nach Hause zu fahren. Dies erschwert Freizeitaktivitäten und sich einen neuen Freundeskreis aufzubauen erheblich. Ohne Internet, teilweise Strom oder Wasser lernt man ein ganz neues Leben kennen, wodurch man zu schätzen lernt, wie gut man es in Deutschland hat.

Da mein mir zugeteiltes Projekt nicht zu Stande kam, hatte ich auch die Möglichkeit am Pazifik bei einem Tierschutzprojekt des Umweltministeriums bei der Brutpflege und der Eierablage von Meeresschildkröten zu helfen und konnte mit einer anderen ehrenamtlichen Organisation ein Haus bauen. Der Hausbau, bei dem am Ende eine glückliche Familie in das von mir errichtete Haus einziehen konnte, war sehr erfüllend. Alle Blogbeiträge zu meiner Arbeit findet ihr hier.

In dem Wald, in dem ich die meiste Zeit meines Freiwilligendienstes verbrachte, bestand manchmal die schwerste Aufgabe darin, sich nicht zu langweilen (Ich habe seit August 12 Bücher gelesen, die sehr schwer aufzutreiben waren). Besonders in einem Entwicklungsland sind Arbeitsplätze im sozialen und ökologischen Sektor gut besetzt und durch seine Arbeit wird man selten etwas grundlegend verändern können. Deswegen würde ich gerne Interessenten dafür sensibilisieren, keinen Freiwilligendienst mit dem Wunsch, etwas grundlegend zu verändern oder jeden Tag sinnvoller Arbeit nachgehen zu können, machen zu wollen.

Da ich primär für die ehrenamtliche Arbeit gekommen war, war diese lockere Arbeitssituation ernüchternd, belastend und erscheint zu Zeiten sinnlos. Wenn man sich für einen Freiwilligendienst entscheidet, sollte einem klar sein, dass man viel Zeit für sich selbst und ein eventuelles Überdenken der nahen Zukunft haben wird und (neben vielleicht einem Haus und dem ein oder anderen Baum) am stärksten soziale Interaktionen hinterlässt.

Die wichtigste Aufgabe, für die man auch eine repräsentative Verantwortung übernehmen sollte, ist, die eigene Kultur näher zu bringen und persönlich Kontakt aufzunehmen. Der Großteil der Bevölkerung in Panamá hat nie das eigene Land verlassen. Nicht jeder ist so privilegiert, Urlaub machen zu können, hat Zugang zu dem Internet oder kann sich glücklich schätzen, eine gute Schulbildung (an einem altsprachlichen Gymnasium mit neusprachlichem Zweig) genießen zu dürfen. Ohne den Kontakt mit Ausländern, würde mein Nachbar wahrscheinlich nicht wissen, dass man in Deutschland nicht Englisch spricht und es in Europa liegt. Jede Unterhaltung, jeder interkulturelle Austausch, jedes Lächeln, das man auslöst, ist ein Geschenk und die wahre Arbeit, die sich hinter einem Freiwilligendienst im Ausland verbirgt.

Mit einem Freiwilligendienst verhält es sich etwa so, wie mit der Entscheidung Altgriechisch zu wählen. Man wird zeitweise frustriert überlegen, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat, insgesamt aber froh sein, Kairos am Schopf gepackt zu haben und wohlgesinnten auf seine Entscheidung zurückblicken.

Bei Fragen bin ich über w.unkelbach97@gmail.com oder im Kommentarbereich dieses Blogs zu erreichen.

Mi Ambiente

Liebe Freunde,

 

ich melde mich heute das letzte Mal zu meiner Arbeit. Das panamaische Umweltministerium nennt sich Ministerio de Ambiente oder kurz MiAmbiente, dass dies auch „Meine Umwelt“ heißen könnt, passt ganz gut.

Im April kam sowohl die neue Generation US-amerikanischer Peace Corps-Freiwilliger als auch der im April ernannte Umweltminister zu Besuch nach Macaracas.

Da die US-amerikanischen Freiwilligen auch in ökologischen Projekten arbeiten werden, haben wir sowohl mit Erdsäcken als auch Pflanzenbehältern gezeigt, wie man Setzlinge einpflanzt, um sie später als Jahrhunderte überdauernde Bäume auszupflanzen. Während die Nordamerikaner in zwei Gruppen durch den Dschungel geführt wurden, hatte ich noch kurz die Möglichkeit, mich mit dem Umweltminister zu unterhalten. Er hat in den Vereinigten Staaten studiert und war bereits in Deutschland, sehr sympathischer Typ. Nach dem deutschen Botschafter und dem Umweltminister fehlt für mich deutschen Umwelt-Freiwilligen eigentlich nur noch der Präsident der República de Panamá und der kommt schon am 24. Juni zum Gran Día nacional de la Reforestación, aber dazu gleich mehr.

Die letzten Monate wurde fleißig an den neuen Hochbeeten gebaut, die jetzt auch überdacht sind. Die von Ungeziefer und Unkraut geschützten Pflanzen können dort künstlich bewässert werden und ungehindert wachsen.

Seit ungefähr Mai hat in Panamá die Regenzeit angefangen. Neben ganz vielen tollen Insekten und Wasserknappheit (Hört sich komisch an: Kein Wasser in der Regenzeit, liegt aber daran, dass die Flüsse übertreten und verschmutzt werden.

Die Wasserversorgung bzw. Aufbereitung kommt (zumindest im entlegenen Bombacho) da nicht hinterher) wird jetzt auch für das nächste Jahr gepflanzt, was das Zeug hält. In der Trockenzeit gesammelte Samen, von Guayacán bis Avocado- und Mango-Kernen kommen in die neuen Multibehälter (kleine mit 40 Pflanzen und große mit 28). Die zukünftigen Bäume werden zuerst zu hundert in einem geschützten Beet zum Keimen gebracht. Dort werden sie ausgegraben und in größere Behälter, seien es Erdsäcke, einzeln oder zusammen eingepfanzt, bis sie schließlich als Bäumchen, wenn sich ein Abnehmer gefunden hat oder ein aufzuforstender Bereich freigegeben wird, ausgepflanzt werden. Hier (zu viele) Bilder zum Pflanzen:

Am 24. Juni findet der Gran Día nacional de la Reforestación in Los Santos statt. Letztes Jahr war ich am 17. August bereits bei diesem nationalen Umwelttag in Las Minas der Provinz Herrera. Für das Aufforsten wird alle 10 m ein Baum in einem extra dafür ausgemessenen Bereich eingepflanzt. In dem dafür ausgewiesenen Bereich haben wir diese Löcher (von Louis Sachar) vermessen und ausgehoben.

Reforestación
Gran día nacional de la Reforestación

Noch ein paar Kleinigkeiten am Ende:

Stummelschwanz (& Tigerhund) ist ausgewachsen. Deutlich größer als November bei den Schildkröten

Mein Fahrrad ist zerbrochen

zBrokenBike
broken bicycle

Hier noch zwei Bilder zur Transportsituation

Nun schließt sich der Kreis zu meiner Arbeit in Panamá. Die veraltete Umweltautorität ANAM, über die ich noch im August letzten Jahres geschrieben hatte, wird von dem neuen Umweltministerium abgelöst. Mein Freiwilligendienst neigt sich dem Ende zu und ich bin froh, dass ich Teil des Umbaus im Bosque el Colmón sein konnte. In dem letzten Jahr hat sich hier viel getan und ich bin zuversichtlich, dass auch in den nächsten Jahren die Umweltarbeit in Los Santos und ganz Panamá in fähigen Händen liegt. Ich hoffe ihr habt es genossen, vom Umweltschutz in Panamá zu lesen und bedanke mich für eure treue Leserschaft. Ohne eure Beteiligung an diesem Blog, sei es in Form von Kommentaren oder Zuspruch, hätte mir wahrscheinlich die Motivation gefehlt, täglich und aspektorientiert zu berichten. Vielen Dank!

 

Euer Willi

Bosque de Colmón

oder Urlaub fürs Gehirn

 

Liebe Nutten und Hausfrauen,

 

ich melde mich heute zurück zu meinem Arbeitsplatz, um mal wieder zu erzählen, was ich hier von Tag zu Tag so treibe. Ich hatte bereits in Anam angerissen, wie die Arbeit beim panamesischen Umweltministerium aussieht, seit August hat sich jedoch auch ‚was getan. Einen Überblick über alle Projekte (Mundo Verde, Techo, etc.), in denen ich seit August 2016 gearbeitet habe, findet ihr übrigens hier: Arbeit.

Während meine Zeit im Wald durch Zäsuren wie die Arbeit mit Pablo im Projekt „Donate de Oxígeno“ oder am Strand im Tierschutz unterbrochen wurde, habe ich die meiste Zeit meines bis jetzt schon 8-monatigen Freiwilligendienstes im Bosque de Colmón verbracht. Dieser liegt circa zwei bei drei Kilometer außerhalb von Macaracas und beherbergt 200 000 Pflanzen. Es handelt sich um eine Einrichtung des Umweltministeriums, das früher Autoridad Nacional del AMbiente (ANAM) und jetzt MiAmbiente heißt. Hier werden für die Provinz Los Santos sowohl Nutzpflanzen als auch Zierpflanzen und Bäume für die Aufforstung gepflanzt und gezüchtet. Jenseits der Plantage befindet sich auch ein Naturschutzgebiet, das bereits 1918 zu ebensolchem erklärt wurde. Das erste Naturschutzgebiet in gesamt Panamá.

Im Gegensatz zu den ersten Monaten meines Freiwilligendienstes besitze ich jetzt ein Fahrrad (Das Schmuckstück hat mich stolze $ 20 gekostet und verfügt weder über eine Gangschaltung noch eine Bremse), was die Anfahrt deutlich erleichtert.

Während wir früher auf jemanden angewiesen waren, der uns in den Wald fährt und besonders uns wieder abholt, sind Patrick mit seinem Bürgermeister-Fahrrad und ich jetzt unabhängig und können sogar gen Mittagessen fahren, wenn uns der Magen danach steht. Ich bin zwar schon einmal mit meinem Fahrrad (nicht so hip wie Kathas pinkes Fahrrad) nach Bombacho gefahren, das dauert jedoch 3 Stunden, weswegen ich es lieber nur für den Weg in den Wald benutze. Zusätzlich ist mein Fahrrad (auch am Preis zu erkennen) nicht besonders verlässlich. Früher war ich teilweise täglich vor der Arbeit im Fahrradladen.

Während ich im August noch nicht jeden Mitarbeiter namentlich kannte, verstehe ich mich jetzt mit Moises, Nora, Kiko, Noriel, Nelson, Rodrigo und Eduardo sehr gut. Da nicht immer all zu viel Arbeit ansteht, verbringen wir auch viel Zeit im Büro und reden über alles mögliche. Auch wenn das vielleicht nicht die Arbeit ist, die ich mir unter einem Freiwilligendienst vorgestellt hätte, ist der interkulturelle Kontakt definitiv wichtig und sinnvoll. Zusätzlich auch sehr nett und unterhaltend. Über diese Gespräche kam ich auch mal dazu, Nora (νορα μελγαρ) das griechische Alphabet beizubringen, mir Kreuzworträtsel auszudenken oder Stadt/Land/Fluss (Im Spanischen schreibt man Giraffe mit „J“!) zu spielen.

Neben dem alltäglichen Erdsackausleeren gibt es manchmal auch interessantere Sachen in Wald zu tun. Hierunter fällt Rasenmähen (nichts geht über Natur zerstören, in einem Projekt, in dem man sie zu unterstützen versucht), Motorsägen, teilweise Schlangen jagen oder Dächer saubermachen. Auch Dschungel-Touren durch den anliegenden Bosque de Colmón oder sogar (noch spannender als Erdsackausleeren!) Samensammelsafaris gehören zu den Highlights im Dschungel. Franzi, die in der Schulzeit in ebenjener gearbeitet hat, war am Anfang des Jahres während der Schulferien auch im Dschungel mit Patrick und mir, sodass sich die eine oder andere spannende Partie Schach ergeben hat (teilweise sogar simultan).

Das nicht besonders vertrauenserweckende Wellblechdach musste letztens auch gesäubert werden. Pflichtbewusst schwang man sich über den Fahnenmast auf das bedrohlich nachgebende Dach und machte sich an’s Kehren.

Neben dem Büro gibt es draußen auch eine Feuerstelle, über der wir manchmal kochen. Besonders wenn Gäste da sind, wird kulinarisch ausgepackt, was Macaracas so zu bieten hat. Spaghetti mit Tunfisch, Zwiebeln und zu Kikos Leidwesen gerne scharf. Für das Feuer sammeln wir Holz aus der Umgebung und entzünden es mit Papier oder  mit  Kiko mit Benzin, wobei beinahe das Dach abgefackelt wäre.

Zu unserer Freude hat sich dieses Jahr auch bei der Plantage was getan. Seit Januar haben wir (auch mit anderen Freiwilligen aus Macaracas) alle Pflanzen umgelagert, um Platz für neue Hochbeete zu schaffen. Diese verhindern, dass unsere Pflanzen zu tief wurzeln und schränken Ungeziefer- und Unkrautbefall ein. Die neu zu pflanzenden Setzlinge landen diesmal nicht in Erdsäcken sondern kleinen Plastikbehältern, die sich einfacher verladen und ausleeren lassen. Wie gut die Pflanzen dort drin gedeihen, bleibt abzuwarten 🙂

Kafk.. äh Kathaesk noch ein paar Bilder am Ende. Tiere und ein in Panamá selten gesichtetes Nils in freier Wildbahn. Normalerweise sind diese Wunder der Schöpfung nur in Nicaragua zu finden.

Liebe Grüße aus dem Dschungel

 

Willi

 

PS: Ein paar Bilder sind auch von Franzi, Liebe Grüße nach Fluorn

Construcción Masiva

¡Queridos voluntarios!

 

Seit Karneval ist hier wieder der Alltag eingekehrt. Franzi, die Januar und Februar im Wald mit uns arbeitete, hat sich vom Acker gemacht und ich bin wieder die meiste Zeit dabei, auf Busse zu warten oder Erdsäcke auszuleeren. Mein Bücher-in-2017-gelesen-Counter steht bei 8. Bin also unter der Woche im Wald und am Wochenende teilweise bei Techo und ganz zufrieden, wenigstens am Wochenende Arbeit nachzuholen, die es unter der Woche nicht gibt.

Ich melde mich mal wieder zu Techo. Das spanische Wort „ahora“ was eigentlich „jetzt“ bedeutet wird hier in Panamá als „gleich/bald“ benutzt. Wenn man wirklich jetzt meint, sagt man „ahorita“ oder „ahora mismo“ oder (wie ich meistens, doppelt kann ja nicht schaden) „ahorita mismo“. Wenn man überlegt, dass ich im Januar das letzte mal was zu Techo geschrieben habe und den zweiten Teil bald veröffentlichen wollte, passe ich mich hier perfekt an. Im März über Dezember zu schreiben muss man erst mal schaffen.

regreso
regreso

Mit den Worten „¡Todo día es un buen día para construir!“ wurden wir am zweiten Tag der „Construcción Masiva“ um 5.30 morgens geweckt. Nachdem wir am ersten Tag alle Baumaterialien abgeladen und sehr mühsam zu den Baustellen getragen hatten, ging es heute an das Fundament des Hauses. Falls ihr euch noch an die rätselhafte Übersicht des ersten Teils (den ihr hier findet), erinnern könnt, sind wir erst bei den „pilotes“ angelangt.

Jueves-descarga

viernes-pilotes

sabado-paredes

domingo-pintura

bevor ich zu der Konstruktion komme, würde ich noch kurz auf die Materialien eingehen

Ähnlich wie bei dem heiß geliebten und kalt genossenen Kochblog beläuft sich die Materialliste auf:

materiales
materiales

4 Balken  (4*8 [cm])

4 Balken  (4*6 [cm])

3 Balken  (8*8 [cm])

5 Bodenplatten/pisos

4 Seitenwände/paredes (zwei pro Seite, abgeschrägt wegen des Daches mit insgesamt drei Fenster- und einer Türlücke)

1 Vorder- und 1 Rückwand/paredes

3 Fenster/ventanas

1 Tür/puerta

8 Dachbleche/techo

Zubereitung:

Am ersten richtigen Tag der Konstruktion wurde das Fundament gelegt. Dafür wurde der Boden genau vermessen und ausgehend von einem Eckpfeiler die Höhe der anderen pilotes bestimmt. Ein Haus hat die Maße von 3*6 m. Lebt ihr mal auf 18 m²! Der höchste Punkt des Untergrunds bot dem „maestro“ Asyl. An diesem misst man mit einem Wasserschlauch (manguera) die Höhe der anderen pilotes. Zuerst die vier Eckpfeiler und dann jeweils einen in der Mitte jeder Seite des Rechtecks. Die Längsseiten werden dann jeweils nochmal geteilt, sodass sich 5*3=15 pilotes ergeben. Diese stecken zu 2/3 in der Erde und müssen deswegen an Ecken, die einen halben Meter unter dem maestro liegen einen Meter tief in der Erde versenkt werden. Ein Höhenunterschied von einem halben Meter hört sich jetzt viel an, sieht man aber bei einem 6,71 m (Pythagoras, huh?) entfernten maestro kaum. Wie im ersten Teil schon angedeutet waren wir an dem Tag, andem man mit allen pilotes fertig sein sollte, bei vier von fünfzehn. Besonders die harte Erde und der Höhenunterschied machten uns zu schaffen.

Dass andere Gruppen schon ihren Boden verlegt hatten, besserte die Stimmung auch nicht gerade.

Als die Sonne unterzugehen drohte gaben wir uns dann geschlagen und machten uns auf Richtung Schule die als unsere Herberge diente. Habe dann noch mit den Mädchen geduscht, Pokémon gespielt, über Armut geredet und zu Nena getanzt, aber das ist jetzt nicht so wichtig.

Viel wichtiger ist, dass wir am zweiten Tag, an dem wir theoretisch alle Wände zusammenbauen sollten, tatsächlich mit den pilotes fertig wurden. Auf die 15 mit Tränen, Blut und Schweiß erkämpfte pilotes kamen dann Holzbalken und die fünf Bodenplatten. Überglücklich gingen wir am zweiten Tag ohne Bedenken, dass wir morgen sowohl Wände als auch Dach zusammenbauen und streichen mussten, nach Hause. Wegen descarga und pilotes war ich sehr erschöpft und hatte auch den Verdacht, dass ich die Sonne vielleicht etwas unterschätzt hatte. Mir ging es am dritten Tag der Konstruktion deswegen relativ schlecht und ich legte mich vor und nach dem Abendessen hin.

Als ich dann um elf Uhr nachts erwachte und überzeugt war, es wäre schon der nächste Tag (vor dem Sonnenaufgang aufstehen war die vier Tage angesagt), konnte ich mein Glück kaum fassen, dass mir noch sechs Stunden Schlaf blieben.

Ausgeschlafen und wieder gesund ging es am letzten Tag an „paredes y pintura“.

Vormittags hämmerten wir die 8 Wandteile auf den Boden und aneinander. Während drinnen noch gehämmert wurde, schraubten draußen schon andere die Fenster an oder begannen zu streichen. Am frühen Nachmittag waren die meisten anderen Häuser schon fertig und wir begaben uns zu einer Art Abschlusstreffen mit der Gemeinde, die auch während des Hausbaus schon fleißig mitgearbeitet hatte. Besonders bei den pilotes war Ruth, mit der wir das Haus bauten, eine große Hilfe. Ihre Kinder und sie würde später in das Haus ziehen und sogar ihr altes abreißen (gesehen, als ich mit Techo im März nochmal in Chepo war).

Während der Abschlusszeremonie kam jede Familie, für die mit der ein Haus gebaut wurde, zu Wort und konnte etwas sagen. Es war so wunderbar und angenehm zu hören und zu sehen, wie diese teilweise zu Tränen gerührten Menschen sich für ihr neues Heim bedankten. Für mich hatte diese Abschlussfeier jedoch ein Janusgesicht, weil immer noch ein Dach (techo) über unserem Haus fehlte. Nachdem alles gesagt war, eilten wir also zurück und machten uns daran, Ruths Haus ein Dach (un techo por mi país) zu verpassen. Da auch andere Freiwillige bereitwillig halfen, konnten wir vor Ende des Tages das Haus fertigstellen und einweihen. Die Freude, mit der Joshua durch sein neues Heim tobte, ließ einen die Strapazen und die Anstrengung der letzten Tage vergessen.

Rückblickend war die gesamte Constru Masiva ein tolles Erlebnis. Sowohl die Arbeit als auch die andern Freiwilligen waren „hermosamente perfecto“. Über die Konstruktion hatte man viel Kontakt mit Menschen, die in extremer Armut leben und konnte wenigstens das für die meisten selbstverständliche Grundbedürfnis von Obdach bereitstellen. Auch wenn ein einziges Haus die Armut in der Ruths Familie lebt nicht beseitigen wird, ist es meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung. Wer weiß, ob unser Handeln nicht vielleicht Joshua ermöglicht, wenn er erwachsen ist, nicht mehr in Armut leben zu müssen. Wie ein besonders großherziger Einwohner der Gemeinde gesagt hat, sind die Häuser nicht so wichtig, wie die Leute, die sie bauen und kommen um zu helfen. Da Techo auch neben den Konstruktionen andere Aktivitäten in der Gemeinde durchführt und mit den Familien den Dialog sucht, bin ich zuversichtlich, dass unsere Arbeit sinnvoll und bedeutend ist. Neben diesem Aspekt habe ich auch den Kontakt mit den anderen Techeros sehr genossen und bin froh so gut aufgenommen worden zu sein. Es soll nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich bei Techo geholfen habe!

¡Los quiero!

 

William

Carnaval

o Si no eres Calle Arriba ¡Que Pena!

 

Liebe Leser,

 

ich melde mich zurück zu dem Fest, das in Panamá wahrscheinlich wichtiger als Weihnachten ist: Karneval. Vom 25. Februar bis zum 28. Februar wird dieses Fest im Hochsommer gefeiert. Sowohl tagsüber als auch nachts finden Umzüge statt und die gesamte Innenstadt ist gesperrt. Besonders in meiner Provinz Los Santos wird Karneval groß gefeiert. Deswegen reisen aus ganz Panamá und sogar anderen Länder Leute für Karneval nach Los Santos. Viele Anwohner vermieten ihre Häuser in der Stadt für vierstellige Beträge und ziehen zu Verwandten in der Umgebung für diese vier Tage des Wahnsinns.

In Los Santos gibt es zwei rivalisierende Städte, Chitré und Las Tablas, in denen Karneval besonders zelebriert wird. Wegen der Hitze stehen an den Rändern der Straße Wasserwerfer und überall sind Bühnen aufgebaut, die zwischen den Umzügen für Musik sorgen.

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Reina Maria Celeste de Calle Arriba

Insgesamt konnte ich mir nicht vorstellen, wie Karneval wird. Wir mussten von unserer Organisation ein Dokument ausfüllen, das Passagen wie

„Most people forget about their daily lives, routines, problems, and dignity“

enthielt und uns verpflichtete, sich während Karneval nicht zu AFS gehörig zu zeigen. Die auch an Wochentagen teilweise schwierige Nahverkehrssituation drohte, komplett überlastet zu sein und laut meinem Gastbruder Amilkar besteht keine Zeit, Essen zuzubereiten, sondern nur zu kaufen. Ich feierte Karneval mit Amilkar in Chitré und hatte eigentlich geplant, die anderen Freiwilligen in Las Tablas zu besuchen und mir die Feierlichkeiten dort mal anzusehen, dazu kam ich jedoch nicht, teilweise weil es in Chitré einfach zu geil war. Mit der Essenseinschätzung sollte Amilkar recht behalten.

Um dem Verkehrschaos zu entgehen und da Amilkar sagte, in Chitré fängt Karneval bereits am 23. Februar an, fuhr ich bereits Donnerstag nach Chitré und fand sein Apartment nach nur kurzem Durchfragen (In Los Santos haben sich Hausnummern noch nicht durchgesetzt), in dem er in weiser Voraussicht noch schlief.

In jeder Stadt, in der Umzüge stattfinden gibt es mindestens eine „calle arriba“(Obere Straße) und „calle abajo“(Untere Straße) (Bisschen wie bei Schafskopf), die einen Umzug organisieren, der von ihrer „reina“(Königin) angeführt wird.

Abends begann dann das sogenannte Topón. Hier stehen sich beide reinas gegenüber und beschimpfen sich. Hört sich komisch an, ist aber sau geil. Kann schon verstehen, was Deppen an PEGIDA finden. Nach dem Gegenübertreten der reinas stieg Maria Celeste (Calle Arriba), meine Königin, von ihrem hohen Ross und wir folgten der Prozession durch die Innenstadt Chitrés. Währenddessen nutzten viele die Gelegenheit, ein Bild mit der reina zu machen und eine Person wurde sogar unfreiwillig dazugerufen. War mir etwas peinlich, von einer Fremden, die sich später als die Großmutter der reina herausstellen sollte, zu sich und ihrer Enkelin gebeten zu werden. Fühte mich aber geehrt von dem viel zu großen iPad fotographiert zu werden.

In der nächsten Nacht fand der Auftakt zu den Feierlichkeiten statt. Bei dem sogenannten Pechugón fuhr das erste mal eine gesamte Prozession durch die Innenstadt Chitrés und wir wurden nachts sogar von den Wasserwerfern nassgemacht. War sehr ausgelassen und angenehm. Lustigerweise traf ich dort sogar meine Chefin von AFS.

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Fuegos artificiales

Vom 25.-28. Februar fanden dann mittags „culecos“ und abends „tunas“ statt. Die gesamte gesperrte Innenstadt war voller Menschen. Überall lief Musik und Leute tanzten oder tranken Alkohol. Im gesamten Bereich waren nur Plastikflaschen oder Bierdosen erlaubt und man wurde von der Polizei kontrolliert, bevor der Spaß beginnen konnte. Diese Kontrollen und besonders das Anstehen dafür konnte ich erfolgreich umgehen, indem ich mit den Umzugswagen die Innenstadt betrat. Jeden Tag und jede Nacht trug die reina ein neues Kleid, eine neue Krone und neue Flügel (Sonntag nachts eine traditionelle Pollera wie bei den Nationalfeiertagen). Der Wagen wurde auch 9-mal umgebaut und teilweise fuhren sogar zwei Wagen vor dem Orchester.

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Pollera

Nicht nur weil die Musik dort am lautesten war, sondern auch, weil dort am meisten getanzt wurde, hielt ich mich meistens hinter dem Königinnenwagen und vor dem Orchester im Umzug auf. Wahrscheinlich wurde dort auch am meisten getanzt, weil sich ein sehr witziger Homosexueller auf dem Traktor, der den Orchesterwagen zog, tanzte. Zusammen mit einem Transsexuellen. Besonders in dem sonst eher konservativen und katholischen Los Santos ist Karneval eine tolerante Zeit. Aus der ganzen Welt Reisen Leute an, die dem extrovertierten Schwulen auf dem Traktor (oder dem lockigen Deutschen in der Menge) zujubeln und sehr gut angenommen werden. Deswegen genoss ich die Karnevalszeit sehr.

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Tuna

Die distanzierte zurückhaltende Einstellung, die mir hier sonst entgegengebracht wird, wurde von einer total enthusiastischen akzeptanten ersetzt. Sowohl wegen meiner Haare als auch durch meine Größe fiel ich in der Menge vor dem Transentraktor auf und fühlte mich sehr wohl. Netter Nebeneffekt war auch, dass mir von den Wasserwerferleuten in der brennenden Sonne viel Wasser zugedacht wurde und ich überdurchschnittlich viele Geschenke fangen konnte (11 Seco-Flaschen, 3 T-Shirts (Das +Móvil-Kleidungsstück habe ich nicht mitgenommen), einen Personalausweis aus Saarbrücken (Hat Sonja jetzt wieder)). Bei den Karnevalisten habe ich mich sehr wohlgefühlt, wurde sogar einmal zum Essen im Haus der Königin eingeladen. Relativ oft musste/durfte ich auch neben der reina stehen und die Stromkabel, die unsere Umzugswagen zu köpfen drohten (was sie einmal auch schafften), hochhalten.

In der vorletzten Nacht konnte sogar meine Cousine als reina am Umzug teilnehmen. Das Kleid, an dem Amilkar die letzten Wochen gearbeitet hat, konnte sie mit Flügeln und Krone präsentieren.

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Meine Cousine Ingrid

Was Kriminalität, Gewalt und Alkoholismus angeht wurde ich positiv überrascht. Ich war nur einmal in eine Schlägerei verwickelt, mir wurde nichts geklaut (Hatte mein Handy auch nur einmal dabei (weswegen es nur so wenige Bilder gibt, mehr gibt es hier: Calle Arriba), solltet ihr auch nicht, fragt Maxi) und ich habe nur Bier und etwas Seco getrunken. Durch die direkte Nähe zu den eher-nach-Männern-Ausschau-haltenen Traktorbesetzern passte sich auch mein Tanzstil an. Auch wenn ich wahrscheinlich ziemlich schwul wirkte, war mir das relativ egal. Wurde ja bereits von SU-Möchtegernpolitikern nach meiner sexuellen Orientierung gefragt, als ich mich für Adoptionsrecht einsetzte.

Ohne Amilkar oder die Karnevalisten von Calle Arriba hätte ich bestimmt auch schöne Feiertage verbringen können. Vielleicht auf etwas bequemeren als dem Boden von Amilkars Einzimmerwohnung und mit mehr Essen (Da ich bei jedem Umzug war, gab es echt keine Zeit zu kochen), trotzdem bin ich sehr zufrieden und dankbar, Karneval in meiner Gastfamilie gefeiert zu haben.

Und vergesst nicht: Si no eres Calle Arriba ¡Que Pena!

 

Euer Willi

Tag der offenen Tür

am Heinrich-von-Gagen-Gymnasium

 

Salvete discipuli discipulaeque,

 

ich heiße Willi und mache momentan ein Freiwilligendienst in Panamá. Seit August 2016 arbeite ich in einem Umweltprojekt. Da meinem eigentlichen Projekt bei „Mundo Verde“ (dt.: Grüne Welt) die Fördermittel fehlen, arbeite ich für das panamaischen Umweltministerium in einer Plantage am Rande des Dschungels. Dort pflanzen, pflegen und verteilen wir Setzlinge für die Aufforstung in der Provinz „Los Santos“.

Meine Entsendeorganisation heißt American Field Service oder AFS und wurde 1914 gegründet. Seit 1990 agiert AFS Deutschland unabhängig von der US-amerikanischen Dachorganisation in gesamt Deutschland. Die Größe der Entsendeorganisation kann ein Vorteil sein, da man Teil eines Netzwerks wird, das es einem erleichtert, sich in dem Gastland, in dem man sich neu orientieren muss und sich ein neues Leben aufbaut, zu integrieren und Freunde zu finden. Im Gegensatz zu meinem Leben in Deutschland, wohne ich sehr entlegen und bin wegen schwierigen öffentliche Nahverkehrsbedingungen gezwungen, schon sehr früh nach Hause zu fahren. Dies erschwert Freizeitaktivitäten und sich einen neuen Freundeskreis aufzubauen erheblich. Ohne Internet, teilweise Strom oder Wasser lernt man ein ganz neues Leben kennen, wodurch man zu schätzen lernt, wie gut man es in Deutschland hat.

Da mein mir zugeteiltes Projekt nicht zu Stande kommt, hatte ich auch die Möglichkeit am Pazifik bei einem Tierschutzprojekt des Umweltministeriums bei der Brutpflege und der Eierablage von Meeresschildkröten zu helfen und konnte mit einer anderen ehrenamtlichen Organisation ein Haus bauen. Der Hausbau, bei dem am Ende eine glückliche Familie in das von mir errichtete Haus einziehen konnte, war sehr erfüllend. Alle Blogbeiträge zu meiner Arbeit findet ihr hier.

In dem Wald, in dem ich die meiste Zeit meines Freiwilligendienstes verbringe, besteht manchmal die schwerste Aufgabe darin, sich nicht zu langweilen (Ich habe seit August 12 Bücher gelesen, die sehr schwer aufzutreiben waren). Besonders in einem Entwicklungsland sind Arbeitsplätze im sozialen und ökologischen Sektor gut besetzt und durch seine Arbeit wird man selten etwas verändern können. Deswegen würde ich gerne Interessenten dafür sensibilisieren, keinen Freiwilligendienst mit dem Wunsch, etwas grundlegend zu verändern oder jeden Tag sinnvoller Arbeit nachgehen zu können, machen zu wollen.

Da ich primär für die ehrenamtliche Arbeit gekommen bin, ist diese lockere Arbeitssituation ernüchternd, belastend und erscheint zu Zeiten sinnlos. Wenn man sich für einen Freiwilligendienst entscheidet, sollte einem klar sein, dass man viel Zeit für sich selbst und ein eventuelles Überdenken der nahen Zukunft haben wird und (neben vielleicht einem Haus und dem ein oder anderen Baum) am stärksten soziale Interaktionen hinterlässt.

Die wichtigste Aufgabe, für die man auch eine repräsentative Verantwortung übernehmen sollte, ist, die eigene Kultur näher zu bringen und persönlich Kontakt aufzunehmen. Der Großteil der Bevölkerung in Panamá hat nie das eigene Land verlassen. Nicht jeder ist so privilegiert, Urlaub machen zu können, hat Zugang zu dem Internet oder kann sich glücklich schätzen, eine gute Schulbildung (an einem altsprachlichen Gymnasium mit neusprachlichem Zweig) genießen zu dürfen. Ohne den Kontakt mit Ausländern, würde mein Nachbar wahrscheinlich nicht wissen, dass man in Deutschland nicht Englisch spricht und es in Europa liegt. Jede Unterhaltung, jeder interkulturelle Austausch, jedes Lächeln, das man auslöst, ist ein Geschenk und die wahre Arbeit, die sich hinter einem Freiwilligendienst im Ausland verbirgt.

Mit einem Freiwilligendienst verhält es sich etwa so, wie mit der Entscheidung Altgriechisch zu wählen. Man wird zeitweise frustriert überlegen, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat, insgesamt aber froh sein, Kairos am Schopf gepackt zu haben und wohlgesinnten auf seine Entscheidung zurückblicken.

Bei Fragen bin ich über w.unkelbach97@gmail.com zu erreichen.

 

Update VII

Hey Leute,

es gibt eine neue Seite, die nicht zu den regulären Blogbeiträgen gehört. Hier eine Übersicht:

Über mich

Über weltwärts

Über Panajahr

Parte español:

Uno

Dos

Cuatro

Ocho (¡Nuevo!)

Diesiséis (¡NUEVO TAMBIÉN!)

English section:

The Revenant

Into the wild

Cosmopolitan Pop-Culture Quiz

Live-Ticker

PS: Ich werde immer nur die neuste Version dieses Updates auf meinem Blog anzeigen lassen

PPS: Die Seitenleiste enthält jetzt auch Nils und Jans Blog uuuuund es gibt neue zufällig angezeigte Titelbilder.

Techo

Hello world,

 

ich melde mich nach langer Zeit mal zurück an die Zukunft. Heute berichte ich über die „construcción masiva“ von Techo. Techo ist, ähnlich wie AFS, die interkulturelles Lernen ermöglichen wollen, eine ehrenamtliche Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Armut in Mittel- und Südamerika zu bekämpfen.

In den letzten Monaten hatte ich von Pablo, meinem Chef bei Mundo Verde, bei dem ich eigentlich das ganze Jahr über im Projekt „Donate de Oxígeno“ arbeiten sollte, nichts mehr gehört. Im Wald bei der Autoridad Nacional del Ambiente (ANAM) also dem panamesischen Umweltministerium gibt es auch nicht viel Arbeit und die Ersäcke dort, sitzen lieber in ihrem klimatisierten Büro. Schildkrötensaison ist auch vorbei, also machte ich mich auf nach Panama-City, um mal ein Haus zu bauen.

Btw dieser Eintrag ist Jacky gewidmet und shoutout an die coolste Deutsch- und Spanischlehrerin, die meinen Blog in der Mittelstufe gezeigt hat. Fühle mich geehrt. Nach diesem kurzen meine herbstliche Arbeitssituation beschreibenden Präambel komme dann mal zu den fünf Tagen, in denen wir 77 Freiwillige 10 Häuser bauen sollten:

Die Konstruktion begann am Abend des 14. Dezember und endete am Sonntag, den 18.12.16. Wir trafen uns Mittwoch Abend in einer Techo wohlgesonnenen Schule in Panama-City und fuhren nach kurzen Kennenlern-Aktivitäten und einem sehr guten Abendessen nach Chepo.

Chepo ist der Name der Gemeinde, in der wir bauen sollten und liegt circa 1 h westlich von Panama-City. Die Fahrt im „diabolo rojo“ (gleiches Modell wie die gelben nordamerikanischen Schulbusse) dauerte nur eine Stunde und ich saß zufällig neben dem Chef von Techo. Pedro ist ursprünglich aus Peru (Grüße an Nora) und hat schon in ganz Südamerika seit 8 Jahren für Techo gearbeitet. Sein einem ist er in Panamá.

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Diabolo Rojo

In der Schule in Chepo angekommen blies ich meine 180*60 cm Luftmatratze auf und machte es mir mehr oder weniger erfolgreich gemütlich. Aufstehen war morgen für 5.30 angesetzt.

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Mein „Cheapy Hostel“**

Hier kurz der Plan für die nächsten Tage:

Donnerstag-descarga

Freitag-pilotes

Samstag-paredes

Sonntag-pintura

Ähnlich gut wie ihr habe auch ich diesen Arbeitsplan verstanden, nämlich gar nicht. Hinter dem 17. Türchen des Adventskalenders versteckte sich das Abladen der Baumaterialien. Dies sollte auch den ganzen Tag dauern.

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¡Bienvenidos a Chepo!

Als erstes trugen wir die Holzbalken zu den 10 verschiedenen Häusern. Zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht fest, wer wo mit wem welches Haus bauen sollte und jeder trug die Materialien zu jedem Haus. M. m. n. war es eine weise Entscheidung, erst später bekanntzugeben, wer an dem Haus arbeitet, für das man am wenigsten tragen muss. Den Bauarbeitern, die mit Abstand am weitesten tragen müssten und denen man am Ende seiner Kräfte eventuell nicht so gewillt wäre, zu helfen, wenn man wüsste, dass man später nicht dort bauen wird, war so am besten geholfen. Sehr sozialistisch

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Descarga

Nachdem die 20 Balken pro Haus verteilt waren, kam der Moment, der mich am krassesten Beeindruckt hat. Ein riesiger LKW mit Wänden, Böden, Dächern, Fenstern und Türen für 10 Häuser kam uns entgegen. Insgesamt waren das also über hundert Bauteile, die durchschnittlich größer als 3 m² waren. Der LKW sah so aus wie man sich einen Truck aus den USA vorstellt. Langgezogenes Führerhaus mit langer Ladefläche und Anhänger. (Bereue es etwas, dass ich davon kein Foto machen konnte. Außer einem Schnappschuss alle paar Stunden habe ich wenig Fotos gemacht, weil ich gearbeitet habe (duh). Auf der Techo-Facebook-Seite gibt es hier Bilder für interessierte Leser(=Meine Mutter))

Nachdem wir die Materialien von dem LKW abgeladen hatten (groß zu sein hat, wenn man Bauteile annehmen muss, auch seine Nachteile), trugen wir noch die Fenster und Türen zu den Baustellen (Techo nannte das „aktive Pause“). Dann machten wir erstmal Mittagspause.

Nach dem Mittagessen, dass die Familien, für die die Häuser gebaut wurden, gekocht hatten, waren die schwersten Bodenplatten dran. Bei der Hitze und teilweise zu dritt oder viert, meist jedoch zu acht trugen wir tatsächlich 5 Bodenplatten zu jedem Haus. In der Hitze war mein Gesicht so rot, dass mich wiederholt Leute auf Sonnenschutzmittel hinwiesen, das war jedoch nur die Anstrengung und ich hatte tatsächlich keinen Sonnenbrand. Als gegen Nachmittag die Arbeitsmoral nachließ fingen wir mit Blick auf die Uhr an, zu schummeln und fuhren mit den Pick-Ups der Anwohner die letzten Wände zu den jeweiligen Baustellen.

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Schummeln

Auch wenn die Hügel in Chepo nicht der Caradhras (LotR) waren, hatten sie uns in die Knie gezwungen. Gegen fünf wurde ich dann mit den Worten („Gebt dem mal Handschuhe“) zum Dachverladen rekrutiert. Die Dachbleche waren scharf und sau schwer, jedoch konnte man sie gut stapeln und verladen. Beim Absprung vom Pick-Up zerstörte ich dann meine Hose endgültig. Mit großem Loch am Hintern verließ ich nach dem ersten von vier Tagen die Baustelle. Mulch Diggums (Artemis Fowl von Eoin Colfer, habe den Wortwitz jetzt erst verstanden) wäre stolz.

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Müde Krieger

Kurz etwas zu Techo:

Bei Techo arbeiten (genau so wie bei AFS) Freiwillige aus aller Welt (zum Beispiel Mona (Hat (auch) einen coolen Blog und Bericht zur Konstruktion (click!), auf dessen fünf Bildern ihr mich mal suchen könnt) oder Maxi, die auch über weltwärts ein Jahr für Techo arbeiten) und auch Hauptamtliche, die die Konstruktionen und die Öffentlichkeitsarbeit leiten. Das ganze Jahr über gibt es Konstruktionen, in denen in armen Vierteln Panamás Häuser gebaut werden. Die ausgewählten Familien, die ein Haus gebaut kriegen, werden zusätzlich nach der Konstruktion weiter begleitet. Dafür organisiert Techo auch nach dem Hausbau Treffen, um den Bewohnern zu helfen, sich selbst zu helfen und aus der Armut herauszukommen. Wie ihr seht, halte ich viel von Techo. Von den ehrenamtlichen Vereinen, mit denen ich während meines Freiwilligendienstes Kontakt hatte, würde ich am ehesten empfehlen, für Techo zu spenden. Jedoch will ich diesem Blog treu bleiben und auch, da ich hier nicht mal zur Spende für meinen eigenen Freiwilligendienst gebeten habe, keine Werbung für andere e.V. machen

So, nach diesen warmen Worten komme ich – Haha! – nicht zurück zur Konstruktion. Habe nämlich kein Bock mehr und es ist spät. Ob wir mit unserem Haus fertig geworden sind (Spoiler: Nach Tag zwei, an dem wir die Stützpfeiler fertig haben sollten, war meine Gruppe bei 4 von 15), lest ihr bald.

So long

 

Willi

 

*Da wir bei Techo unser Einverständnis gegeben hatten, auf Bildern für Werbezwecke gezeigt zu sein, sehe ich das Veröffentlichen von Bildern ohne Einverständnis ausnahmsweise mal unkritisch

** „Can I take a photo of our dorm?“

„Sure. Natural or do you want us to look?“

„Doesn’t matter, really :)“

Willis Reiseblog: Bocas del Toro

oder Pirates of the Caribbean

 

Liebe Linda, liebe Karen, liebe Leserinnen und Leser,

 

Herzlich Willkommen zurück zu der Sektion meines Blogs, in der ich mit der Nachfrage einzelner Leser rechtfertige, euch mit meinen Reiseerfahrungen neidisch zu machen. Heute erzähle ich was zu dem im Nordosten Panamás gelegenen Inselarchipel (ich bin mir des Pleonasmus bewusst). Das wunderschöne Bocas del Toro lässt sich nur per Boot erreichen. Zwischen den tropischen Karibikinseln bewegt man sich mit kleinen Wassertaxis, die immer fahren, wenn einem der Sinn nach einer anderen Insel steht.

Hier erstmal eine handgemalte Übersicht über das beschauliche und beeindruckende Bocas del Toro mit den Inseln Colón, Carenero, Bastimentos und Solarte.

1ubersicht

Anfahrt

Die Anfahrt über Almirante ist einfach und angenehm. Da man meistens mit einem Nachtbus ankommt, kann man die Morgensonne über Bocas genießen, wenn man die circa 20-minütige Fahrt zur Isla Colón unternimmt. Die Bushaltestelle ist einen Taxidollar von der Anlegestelle in Almirante entfernt. Mit Gepäck rate ich vom Marsch ab.

Isla Colón

Als am dichtesten bevölkertste und touristischste Insel von Bocas bietet die Isla Colón alles, was man sich wünschen kann. Die Einwohner und Touristen sprechen fast ausschließlich Englisch und man kann, solange es der Geldbeutel erlaubt, sehr vielfältig essen gehen oder nachts die vielen Bars genießen, dazu aber später mehr. Zusätzlich gibt es viele Touren, die Möglichkeit, Fahrräder zu leihen und im Norden der Insel den Playa Estella und Bocas del Drago. Die Busfahrt (für’s Fahrrad ist es etwas zu weit und zu heiß) lohnt sich und auch wenn ich am Playa Estrella (Seesternstrand) keine Seesterne gesehen habe, war es den Abstecher wert.

Die Taucher oder Leute mit viel Zeit und Lust auf einen Tauchschein unter euch sollten mal bei den Diving Pirates vorbeischauen. Alex ist ein sehr entspannter Tauchlehrer und die anderen Taucher sind auch sehr cool aber gleichzeitig professionell und gut ausgebildet. Hier kann man auch deutlich günstiger als in Deutschland seinen OWD machen.

Isla Carenero

Direkt neben der Isla Cólon liegt die deutlich kleinere aber m.M.n. schönere Isla Carenero. Hier gibt es nur eine Handvoll Hostels und Bars, jedoch mehr Anwohner, die es zu einem angenehmen Wohnort machen. Man fühlt sich nicht wie ein Tourist und kann zu Fuß die gesamte Insel umrunden. An der Nordspitze findet sich ein toller natürlicher Aussichtspunkt und ein meines Ermessens nach schönerer Strand als der Playa Estella. In den vier Tagen, in denen ich auf Bocas war (vgl. Live-Ticker 10.11.-14.11.16) habe ich hier königlich residiert und sowohl die Hängematten als auch das im Preis einbegriffene Pancake-Frühstück sehr genossen. Für 15$ die Nacht (Halbpension) ist die Aqua Lounge sehr erschwinglich und mit Slackline, Schaukeln und Trampolin über’m türkis-grünen Meer, Hängematten, eigener Bar mit Parties Mittwoch und Samstag wahrlich empfehlenswert.

Isla Bastimentos

Meiner Meinung nach die von Natur und Kultur her schönste Insel des Archipels. Die Isla Bastimentos ist am entlegensten und circa 15 Bootminuten von Colón/Carenero entfernt. Die Anwohner sind nach eigenen Erfahrungen sehr freundlich, offen und nett und freuen sich, Touristen die schönsten Strände der Insel empfehlen zu können. Während man nach längerer Wanderung oder Bootsfahrt um die Westspitze den berühmten Red Frog Beach erreichen könnte, hat mir der nähere und sehr schöne Wizard Beach genügt. Hier kann man an einem weiten Sandstrand die Sonne genießen und schwimmen, wenn man den Weg durch den Dschungel findet…

Isla Solarte

Zwischen Bastimento und Colón liegt noch die einsame Isla Solarte. Hier wohnen nur vereinzelt Menschen. Die Korallenriffe um die Insel sind wunderschön und gut zu erreichen. Da sie nicht zu tief sind, kann man auch ohne Schnorchel und Flossen gut heruntertauchen und die gelb/roten Korallen genießen.

solarte

Nachtleben

Was das Nachtleben angeht ist die Isla Colón als dichtbevölkertste und touristischste Insel der place-to-be. Während es viele tolle Bars und Clubs gibt, ist mein Lieblingsclub definitiv die Bookstore Bar. Nicht nur, weil ich dort Bücher für das nächste halbe Jahr kaufen konnte (ca. 3000 Seiten für 12$; halbe Jahr war übertrieben. Seit November habe ich schön die Hälfte der erstandenen Bücher ausgelesen…), sondern auch, weil die Atmosphäre sehr angenehm und das Bier günstig und gekühlt ist.

bookstorebar

Zu guter letzt eine Sache, die man nicht machen sollte (© Jan und Nils):

Von Carenero nach Colón schwimmen. Sollte man dies zum Ärger der Bootsmänner machen, munkelt man, wird man mit Kokosnüssen abgeworfen. Nicht, dass mir das passiert sei…

Liebe Grüße

 

Willi

 

PS: Da ich mit Alex von den Diving Pirates in der Karibik unterwegs war, ergibt sich dieser attraktive Alternativtitel 🙂

PPS: Alles Gute zum Geburtstag, Papa

Danke auch an Franzi und Janita für die Bilder