Sehr geehrte Leser,
ich habe lange nicht mehr auf diesem Blog geschrieben, wuerde jedoch gerne ein paar Sachen mit euch teilen, die meinen Freiwilligendienst vor 3 Jahren gut zusammenfassen. Viel Spass und alles Gute fuer die Zukunft!
Am Beispiel des vom BMZ ausgerufenen Freiwilligendienstes „weltwärts“ möchte ich auf diesem Beitrag darüber informieren, wie ein Freiwilligendienst im Ausland funktioniert, wie er vor Ort aussehen kann und wer sich dafür interessieren könnte.
Ganz grob gesagt funktioniert das so: weltwärts ist quasi ein Stipendium. Die anfallenden Kosten werden cirka zu 75 % vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) getragen, der Rest wird mit der Entsendeorganisation besprochen. Oft stellen Freiwillige Spenderkreise auf, um den übrigen Teil zu decken, sie sind dazu jedoch nicht verpflichtet. Falls ein vogeschlagener Spendenkreis nicht zustande kommt, findet der Freiwilligendienst trotzdem statt, mangelnde Spenden seitens der Teilnehmer füheren dazu, dass die Entsendeorganisation im nächsten Jahr weniger Freiwillige betreuen und nur noch weniger Plätze anbieten kann.
Ziel dieses entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes ist es, Globales Lernen zu fördern, Freiwillige zu sensibilisieren, einen Kulturaustausch zu ermöglichen und Interesse an entwicklungspolitischen Fragestellungen zu wecken. Es sollte betont werden, dass die Arbeit, also der „Dienst“ in der jeweiligen Einsatzstelle meist nicht den bedeutendsten Teil des Jahres darstellt. Dazu sind frischgebackene Abiturienten oft noch zu unerfahren, gerade was die Sprache vor Ort angeht. Oft bieten die Einsatzstellen auch gar nicht so viel Arbeit wie vielleicht erhofft.
Wer sich jetzt überlegt, im August 2020 ein solches Freiwilligenprogramm zu absolvieren, ist schon relativ spät dran. Als Dienst mit Stipendiencharakter ist die Bewerbung für weltwärts oft mit recht aufwändigen Bewerbeverfahren verbunden. Nichtsdestotrotz lohnt es sich definitiv, auf weltwaerts.de nach Einsatzplätzen zu suchen. Die eigentliche Bewerbung erfolgt meistens nicht auf einen konkreten Platz, sondern zunächst bei einer Entsendeorganisation. Auf der weltwärts-Homepage lässt sich auch dazu eine Übersicht finden.
Von August 2016 bis Juli 2017 arbeitete ich in einem Umweltprojekt. Da meinem eigentlichen Projekt bei „Mundo Verde“ (dt.: Grüne Welt) die Fördermittel fehlen, arbeitete ich für das panamaischen Umweltministerium in einer Plantage am Rande des Dschungels. Dort pflanzten, pflegten und verteilten wir Setzlinge für die Aufforstung in der Provinz „Los Santos“.
Meine Entsendeorganisation heißt American Field Service oder AFS und wurde 1914 gegründet. Seit 1990 agiert AFS Deutschland unabhängig von der US-amerikanischen Dachorganisation in gesamt Deutschland. Die Größe der Entsendeorganisation kann ein Vorteil sein, da man Teil eines Netzwerks wird, das es einem erleichtert, sich in dem Gastland, in dem man sich neu orientieren muss und sich ein neues Leben aufbaut, zu integrieren und Freunde zu finden. Im Gegensatz zu meinem Leben in Deutschland, wohne ich sehr entlegen und bin wegen schwierigen öffentliche Nahverkehrsbedingungen gezwungen, schon sehr früh nach Hause zu fahren. Dies erschwert Freizeitaktivitäten und sich einen neuen Freundeskreis aufzubauen erheblich. Ohne Internet, teilweise Strom oder Wasser lernt man ein ganz neues Leben kennen, wodurch man zu schätzen lernt, wie gut man es in Deutschland hat.
Da mein mir zugeteiltes Projekt nicht zu Stande kam, hatte ich auch die Möglichkeit am Pazifik bei einem Tierschutzprojekt des Umweltministeriums bei der Brutpflege und der Eierablage von Meeresschildkröten zu helfen und konnte mit einer anderen ehrenamtlichen Organisation ein Haus bauen. Der Hausbau, bei dem am Ende eine glückliche Familie in das von mir errichtete Haus einziehen konnte, war sehr erfüllend. Alle Blogbeiträge zu meiner Arbeit findet ihr hier.
In dem Wald, in dem ich die meiste Zeit meines Freiwilligendienstes verbrachte, bestand manchmal die schwerste Aufgabe darin, sich nicht zu langweilen (Ich habe seit August 12 Bücher gelesen, die sehr schwer aufzutreiben waren). Besonders in einem Entwicklungsland sind Arbeitsplätze im sozialen und ökologischen Sektor gut besetzt und durch seine Arbeit wird man selten etwas grundlegend verändern können. Deswegen würde ich gerne Interessenten dafür sensibilisieren, keinen Freiwilligendienst mit dem Wunsch, etwas grundlegend zu verändern oder jeden Tag sinnvoller Arbeit nachgehen zu können, machen zu wollen.
Da ich primär für die ehrenamtliche Arbeit gekommen war, war diese lockere Arbeitssituation ernüchternd, belastend und erscheint zu Zeiten sinnlos. Wenn man sich für einen Freiwilligendienst entscheidet, sollte einem klar sein, dass man viel Zeit für sich selbst und ein eventuelles Überdenken der nahen Zukunft haben wird und (neben vielleicht einem Haus und dem ein oder anderen Baum) am stärksten soziale Interaktionen hinterlässt.
Die wichtigste Aufgabe, für die man auch eine repräsentative Verantwortung übernehmen sollte, ist, die eigene Kultur näher zu bringen und persönlich Kontakt aufzunehmen. Der Großteil der Bevölkerung in Panamá hat nie das eigene Land verlassen. Nicht jeder ist so privilegiert, Urlaub machen zu können, hat Zugang zu dem Internet oder kann sich glücklich schätzen, eine gute Schulbildung (an einem altsprachlichen Gymnasium mit neusprachlichem Zweig) genießen zu dürfen. Ohne den Kontakt mit Ausländern, würde mein Nachbar wahrscheinlich nicht wissen, dass man in Deutschland nicht Englisch spricht und es in Europa liegt. Jede Unterhaltung, jeder interkulturelle Austausch, jedes Lächeln, das man auslöst, ist ein Geschenk und die wahre Arbeit, die sich hinter einem Freiwilligendienst im Ausland verbirgt.
Mit einem Freiwilligendienst verhält es sich etwa so, wie mit der Entscheidung Altgriechisch zu wählen. Man wird zeitweise frustriert überlegen, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat, insgesamt aber froh sein, Kairos am Schopf gepackt zu haben und wohlgesinnten auf seine Entscheidung zurückblicken.
Bei Fragen bin ich über w.unkelbach97@gmail.com oder im Kommentarbereich dieses Blogs zu erreichen.